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- Klanghorror im Dom (in German)

Frankfurter Neue Presse 26.10.2016 Stephen Tharp gab ein imposantes Konzert im Frankfurter Dom mit Orgelwerken von Franck, Guillou, Mulet sowie Bearbeitungen von Händel und Ravel. Die beiden Orgeln des Frankfurter Doms bestehen aus 115 klingenden Registern, die unterschiedlicher kaum sein können. Das bedeutet: schier unbegrenzte Möglichkeiten. Doch sollen die Registerkombinationen kreativ und interessant klingen, ist dies eine Kunst für sich. Stephen Tharp, Virtuose aus New York, machte sich nun das Instrument in einem Maße zu eigen, als wäre er seit Jahren mit ihm vertraut. Das war kein bloßes Schöpfen aus einem gegebenen Klangvorrat, Tharp betrieb einen Klangschöpfungsakt der besonderen Art. So etwa in den "Scènes d'enfant" Opus 28 (1974) von Jean Guillou: Das Stück mit dem harmlosen Titel (Kinderszenen) ist eine wahre Horrorfilmmusik und bezieht sich auf die unheimliche Novelle "The Turn of the Screw" von Henry James. Grandiose Klänge entlockte Tharp der Orgel auch in Maurice Ravels "La Valse" (Orgeltranskription von Eugenio Fagiani). Das Walzer-Thema, das am Ende des Stücks in einer katastrophalen Karambolage aufgeht, kam auf der Orgel besonders schön zur Geltung. Tharps eigene Transkription von Händels "Feuerwerksmusik"setzt auf Trompetenfanfaren und barocke Überwältigung im Klanggewand einer modernen Orgel. Klassisch-mustergültig interpretiert er den zweiten Choral von César Francks "Drei Chorälen". Die Metarmorphose der Choralmelodie arbeitete Tharp mit feiner Agogik plastisch heraus. Als Zugabe gab es eine waschechte und wirkungsvolle französische Toccata von Henri Mulet mit dem (nicht feministisch gemeinten)Titel "Tu es petra".

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