Organist Stephen Tharp und Philharmonisches Orchester glänzen gemeinsam in der Basilika Trierischer Volksfreund, 23.12.2014 von Eva-Maria Reuther Mit einem großartigen Konzert für Orgel und Orchester hat die Evangelische Kirchengemeinde Trier in der Basilika ihr Festprogramm zur Einweihung der neuen Eule-Orgel fortgesetzt. Rund 1000 Zuhörer spendeten dem New Yorker Starorganisten und den Trierer Philharmonikern viel Applaus. Womit beginnen, wo doch alles verdient hätte, an erster Stelle genannt zu werden - der exzellente Organist, das intelligente, auβergewöhnliche Programm und nicht zuletzt das hochpräsente, engagierte Orchester. Das gemeinsame Musizieren des sinfonischen Instruments Orgel mit einem Orchester ist an sich schon ein Mega-Ereignis. Denn eigentlich sind bei solchen Konzerten zwei Orchester am Werk. Die Vielfalt des Zusammenspiels und der Farben ist, wie einmal mehr in Trier zu erleben war, scheinbar unbegrenzt. Nicht ohne Grund sprach Claude Debussy scherzhaft vom musikalischen Treffen des Königs (des Orchesters) mit dem Papst (der Orgel). Die kamen in Trier bestens miteinander aus. Angereist war als Stargast der New Yorker Konzertorganist Stephen Tharp, ein ebenso virtuoser wie phantasievoller Musiker, für dessen Registrierkunst die edle Eule-Orgel gleichermaβen Herausforderung wie adäquate Partnerin war. „lch habe noch nie eine so elegante Orgel erlebt", schwärmte Tharp im kurzen Gespräch nach dem Konzert. Das Philharmonische Orchester der Stadt Trier mit seinem Dirigenten Victor Puhl war diesmal unter der Orgel platziert, was dem Klangerlebnis ausgesprochen guttat. Der Abend begann mit Charles-Marie Widors Symphonie g-Moll op. 42. Mit feierlichem Ernst begann die Orgel. Ihr antwortete das Orchester. Eindrucksvoll: dieBläser. Schon da zeigten sich Tharps Virtuosität, sein Gefühl fürs Luftige wie fürs Nachdrückliche. Ganz in der Tradition französischen Klangverständnisses und seiner Ästhetik folgte weit atmend und herrlich klangsinnlich das bisweilen geradezu schwelgerische Andante mit den schönen Streichern. Als ebenso feinsinniger wie analytischer Registrierkünstler, der sich auf feinste Schattierungen versteht, erwies sich Stephen Tharp im spätromantischen, auf barocke Kompositionstechnik zurückgreifenden Orgel-Solo des Kanadiers Healey Willan: „Introduction, Passacaglia and Fugue" für Orgel solo. Und schlieβlich der gigantische Höhepunkt des Abends: das Konzert für Orgel und Orchester des Franzosen Thierry Escaich. Das Werk des Pariser Organisten, Komponisten und Hochschullehrers gilt als eines der bedeutendsten der modernen Orgelliteratur. Escaich ist ein ebenso charismatischer Musiker wie intellektueller, allerdings kein blutleerer. Seine Begeisterung für Film und Theater ist bekannt. Auch das Trierer Konzertist eine hochdramatische Komposition in bester lautmalerischer Tradition, intelligent, dabei mörderisch im musikalischen Anspruch. Ein Weltgericht-Szenario tat sich auf, das allerdings ebenso für die ohnmächtige Stellung des Menschen in einer bedrohlichen, verlorenen Welt stehen kann, in die nur zaghaft die erlösende göttliche Botschaft dringt. Wie schweigende steinerne Zeugen umstanden die nackten Mauern der Basilika das turbulente Geschehen. Victor Puhl dirigierte dynamisch und sensibel. Hocheindrucksvoll: die zitternden Geigen zu Beginn, die höhnenden Bläser und die unheilvollen Pauken. An der Orgel schöpfte Tharp nicht allein das dynamische und farbige Potenzial des Stücks aus, er zog gleichsam alle seelischen Register. Ein wenig Ruhe und Trost kam einzig aus dem Adagio. Lange hat man nicht mehr ein Konzert von solcher Gewalt und Dringlichkeit erlebt. Das mögen auch die nahezu 1000 Zuhörer unter ihnen die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer - empfunden haben, die sich applaudierend erhoben, kaum dass der letzte Ton verklungen war.
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